Gegenstand der vorliegenden Arbeit von Bettina Steinacker ist es, einen fotografischen Zugang zu einem Ort zu finden, der als einer der symbolträchtigsten Orte der Täter im Nationalsozialismus angesehen werden muss. Es ist das ehemalige Reichsparteitags-gelände in Nürnberg. In seiner heutigen Form ist das Areal nur mehr in Teilen als geschichtlicher Ort erfassbar.
Der Versuch von Bettina Steinacker mit ihren Fotografien die Tragweite des Projekts Reichsparteitagsgelände zu erfassen, geht einen eigenen Weg. Er erhebt nicht den Anspruch mit Quantität zu dokumentieren, vielmehr stellt er den Kontext zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart her. Zum Beispiel prägte die überkommene Infrastruktur die städtebauliche Struktur der Neubebauung des Stadtteils Langwasser. Sie ist zum Teil noch am heutigen Stadtgrundriß ablesbar.
Die Anordnung der Bilder führt aber ebenso zu der Feststellung hin, dass der Ort an sich nicht ein reiner Aufmarsch- und Jubelort des 3. Reiches war, sondern das Teilbereiche während des Krieges für die menschenverachtende und -vernichtende NS-Ideologie funktionalisiert wurden, z.B. der Märzfeldbahnhof als Ausgangpunkt von Judendeportationen in die Vernichtungslager im Osten.
"Von fotografischer Seite her war es mein Ziel, eine neutrale Aufnahmesituation zu schaffen: keine dramatische Lichtsituation, immer ein frontaler Standpunkt. Die Wahl des Ausschnittes ergab sich natürlich aus subjektiven Entscheidungen.
Insgesamt gesehen ging es mir aber nicht um eine reine Auflistung der vorgefundenen Orte, sondern um eine fotografische Konfrontation, die durch die frontale Aufnahmetechnik dem Betrachter erst einmal kein Entkommen ermöglicht.
Bauwerke bzw. Orte wurden durch die Aufnahme aus ihrem momentanen Umfeld isoliert und durch neue Zusammenstellung in ihren ursprünglichen geschichtlichen Kontext gestellt." (Bettina Steinacker)
Matthias Dachwald
Für die Filmage der Menschenrechte